Brainstorming kann durch den Einsatz von Improvisationsmethoden eine intensivere Qualität bekommen, noch intensiver von Co Creation gekennzeichnet sein. Entstehendes wird als Ergebnis des gemeinsamen, intensiven Tuns wahrgenommen und nicht als Zufallsprodukt. Dabei ergeben sich gleichzeitig positive Effekte für weitere Gelegenheiten, in denen gemeinsam an Ideen und deren Umsetzung gearbeitet wird.
Darum kommen Improvisationsmethoden immer wieder im Design Thinking, im Service Design oder generell in Designprozessen zum Einsatz – auch im Bereich der Hochschullehre. Improvisationsmethoden fördern den kollaborativ umgesetzten Zugang zu unkonventionellen Herangehensweisen und dem Weitertreiben von Innovation im weitesten Sinn (vgl. Hackbert, 2010).
In den 1950er Jahren griff Osborn verschiedene Ansätze auf und entwickelte daraus einen Ansatz, dem er den Namen „Brainstorming“ gab (vgl. Gerber, 2009). Hier finden sich einige Grundprinzipien der Improvisation wieder: innerhalb einer bewusst beschränkten Zeitspanne das Einbringen möglichst vieler eigener Ideen und/oder das Aufgreifen von Ideen anderer als Ausgangspunkte, ohne Entstehendes sofort zu beurteilen sowie zu versuchen es bestimmten Kategorien zuzuordnen. Mit Methoden der Angewandten Improvisation noch intensiver genutzt sowie neu kombiniert werden dabei schon vorhandene Ideen und Ansätze, zudem entsteht im Brainstorming völlig Neues. Wichtige Fähigkeiten sind dabei das bewusste Zuhören sowie die Bereitschaft, eigene Ideenfragmente durch jene anderer verändern zu lassen. Gleichzeitig ist der Prozess des gemeinsamen Tuns vom Geist der Emergenz geprägt, wonach im gemeinsamen Tun eine bunte Vielfalt entsteht, die nicht nur auf Beiträge Einzelner zurückzuführen ist (vgl. Gerber, 2009).
Improvisationsmethoden initiieren, begleiten und ermöglichen divergentes Denken, eine offene, flexible und experimentierfreudige Herangehensweise, bei der nicht nur ein einziges Ergebnis entsteht. Lewis und Lovatt (2013) weisen darauf hin, dass es in diesem Prozess nicht ständig darum geht ständig vollkommen Neues zu entwickeln, sondern auch vorhandene Herangehensweisen und Ideen als Ausgangsmaterialien sowie Bestandteile nutzbar sind.
Eine Herausforderung beim Finden neuer Ideen sowie Handlungsoptionen ist, wie Lewis und Lovatt betonen, sich kognitiver, emotionaler und sozialer Prägungen bewusst zu werden, die die eigene Denkweise prägen. Ebenso bedeutend ist es sich Einflüssen bewusst zu sein, die andere Personen ausüben, die etwa als MentorInnen oder Opinion Leader wahrgenommen werden. Eine weitere, damit einhergehende Schwierigkeit ist, dass beim Finden neuer Ideen sehr schnell Prozesse des Beurteilens einsetzen, wie etwa eine sofortige Abwertung eigener Ideen und jener von Personen, mit denen aktuell gemeinsam nachgedacht wird. Dies kann u. a. mit eigenen Prägungen und Einstellungen, negativen Vorerfahrungen oder Erlebnissen, in denen Ideen für andere (scheinbar) weder nützlich noch inspirierend waren, zusammenhängen.
Osborn empfahl für Brainstormingprozesse eine Person zu bestimmen, die den Prozess leitet. Eine ähnliche Rolle hat eine Person, die eine Improvisationsmethode erklärt, anleitet sowie beim Tun etwa durch Sidecoaching unterstützt. Allerdings zeichnen sich Improvisationsmethoden dadurch aus, dass diese Rolle nicht bei einer Person bleibt, sondern immer wieder von anderen in kürzeren und längeren Sequenzen übernommen werden kann. Dieses Anleiten, Impuls geben und begleiten ist eine ideale Gelegenheit, um Schlüsselqualifikationen weiter zu entwickeln.
Gerber (2009) weist darauf hin, dass Improvisationsmethoden schon seit Anfang der 1990er Jahre in Designprozessen in verschiedenen Bereichen zum Einsatz kommen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Nutzung von Sichtweisen, Erfahrungen und Ideen der NutzerInnen von Produkten und Dienstleistungen, ganz im Sinne des Ansatzes der Co Creation. Improvisationsmethoden können eine wichtige Rolle im UX, im nutzerorientierten Design, spielen. Eine Variante, die hierbei zum Einsatz kommt, ist das bodystorming: Es wird z. B. simuliert, wie sich Personen im inneren eines Flugzeugs verhalten und wie dessen Ausstattung daher weiterentwickelt werden kann. Bodystorming kann ebenso bei der Planungsphase der Gestaltung von neuen Gebäuden oder Räumen darin genutzt werden und ebenso wie verschiedene Menschen mit neuen Produkten umgehen könnten. Eingesetzt werden hier auch Assoziationsübungen mit dem Körper, Bilder- und Statuentheater. Also u. a. wie sich Wissensinhalte in verschiedenen Feldern einsetzen lassen oder als Ausgangspunkt für das Finden neuer Ideen dienen.
Literatur
Gerber, E. (2009). Using Improvisation to Enhance the Effectiveness of Brainstorming. Gehalten auf der CHI 2009, Boston.
Hackbert, P. (2010). Using improvisational exercises in general education to advance creativity, inventiveness and innovation. US-China Education Review 7 (10), 71.
Lewis, C. & Lovatt, P. J. (2013). Breaking away from set patterns of thinking: Improvisation and divergent thinking. Thinking Skills and Creativity, (9), S. 46–58.