Selbstwirksamkeitserwartung

Improvisationsmethoden tragen zur Wahrnehmung eigener Fähigkeiten bei, der (Wieder)Entdeckung vergessener oder bis lang noch nicht genutzter Eigenschaften sowie der Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeiten und von Ressourcen, auf die in verschiedenen Situationen gezielt zugegriffen werden kann.

Improvisieren hat immer wieder mit dem Wahrnehmen, Austesten und Überschreiten von Grenzen zu tun. Es werden und sollen immer wieder gewohnte Handlungsoptionen durchbrochen und neue Optionen entwickelt. Dabei werden Körperhaltungen, Worte, Laute, Mimik ausgetestet, die bewusst übersteigert sind und nicht zum üblichen, eigenen Handlungsrepertoire gehören. So werden ebenso Konventionen durchbrochen. Es braucht demzufolge eine Atmosphäre, die mit dem Konzept der sicheren Zone vergleichbar ist, mit einem Raum, in dem alle gemeinsam denken und agieren, ohne dabei Angst zu haben etwas ‚falsch‘ zu machen. Lobman (2013) beobachtet, dass Improvisationsmethoden dazu beitragen besser mit Nervosität und verschiedenen Ängsten umzugehen.

Wer sich selbstwirksam und selbstsicher erlebt, für dem/die ist die Fähigkeit der Spontanität noch einfacher und direkter verfüg- und einsetzbar. Insgesamt würde sich zudem ein Effekt auf herausfordernde (Lern)Aufgaben ergeben, diese würden stärker selbstbewusst angegangen und gelöst werden. „Through improvisation, any student can create meaning.“ (Scruggs & McKnight, 2008, S. 28).

Positive Effekte ergeben sich demnach auch auf die Fähigkeit der Selbstreflexion, darüber hinaus ließ sich eine Steigerung der Fähigkeit der Extraversion, sprich der Kontaktfreudigkeit, die Fähigkeit auf andere offen zuzugehen und sich in eine Gruppe zu integrieren, beobachten.

Improvisationsmethoden tragen weiters dazu bei, dass Lernende ihr Verhältnis zu Lehrenden bewusst wahrnehmen, überdenken und weiterentwickeln. Ein zentrales Themenfeld ist dabei selbstständiges und gleichzeitig möglichst selbstbestimmtes Lernen, inkl. der Definition, Umsetzung sowie Reflexion eigener Lernziele. Als ein wichtiges Ziel von Bildungsprozessen kann somit die Autonomie definiert werden, die eng mit der Selbstwirksamkeitserwartung zusammenhängt. Ebenso wichtig ist es Abläufe und Informationen kritisch wahrzunehmen, zu beurteilen und Teile davon anwenden zu können.

„Freire would have us understand that the creation of new knowledge requires that we never passively accept ‘the given’ but that we demonstrate a healthy independence of mind that is prepared to question the presumptive authority of the lecturer, or media content, as ‘the giver’ and be prepared to test the information that is ‘given.’” (Boland & Cameron, 2005, S. 9).

Dabei geht es ebenso darum Lebensumstände auf persönlicher Ebene oder einer Gruppe, der man sich zugehörig fühlt, nicht als gegeben zu akzeptieren, sondern als dynamischen Prozess, der mitgestaltet werden kann. Improvisationsmethoden fördern ebenso die Reflexion eigener Handlungen, das Austesten und Einüben alternativer Handlungsoptionen sowie deren Anwendung und stetige Weiterentwicklung. Ein weiterer Aspekt ist die bewusste Wahrnehmung der eigenen Lebensbiographie mit der Hilfe von Improvisationsmethoden und bestimmter Aspekte daraus – wobei hier ebenso u. a. Verfremdungsmethoden Zugänge zu Wissen und Fähigkeiten eröffnen, die bislang noch nicht oder nicht in diesem Ausmaß bewusst waren.

Literatur

Boland, G., & Cameron, D. (2005). Newspaper Theatre: Applying performancebased learning to journalism education. Präsentiert bei der Journalism Education Association Conference, Griffith University.

Lobmann, C. (2013). “I Feel Nervous . . . Very Nervous“ Addressing Test Anxiety in Inner City Shools Through Play and Performance. Urban Education.

Scruggs, M., & McKnight, K. S. (2008). The Second City Guide to Improvisation in the Classroom: Using Improvisation to Teach Skills and Boost Learning. San Francisco: John Wiley & Sons Inc.