Anleitung

Was ist Entrollen und welche Optionen gibt es dafür?

Beim intensiveren Einsatz von Körperbildern sowie bei sehr intensiven szenischen Arbeiten, bei dem Personen reale Personen verkörpern ist ein Entrollen wichtig. Also ein bewusstes Aussteigen aus der Rolle. Optionen sind dazu etwa:

  • Mit beiden Händen über die Nieren kräftig Richtung Gesäß und darüber hinaus streichen
  • Ausschütteln
  • Durch den Raum laufen
  • Einander mit realen Namen ansprechen
  • Im Debriefing nicht aus der Perspektive der vorher verkörperten Rolle reflektieren, sondern Metaebene wählen

Literatur:

Grosser, S. (o. J.). tool-kit II Theater der Unterdrückten (Paulo Freire Zentrumfür transdisziplinäre Entwicklungsforschung und dialogische Bildung). Abgerufen 28. 8. 20 http://ungleichevielfalt.at/documents/TK/toolkit_2_Theater.pdf

Was sind Vorgaben, wie können sie formuliert und eingesetzt werden?

Improvisationsmethoden lassen sich schnell und einfach an verschiedenste Rahmenbedingungen und didaktische Settings anpassen. Ein wesentliches Instrument sind Vorgaben im Sinne einer Ergänzung zur Beschreibung wie eine Methode grundsätzlich funktioniert. Vorgaben können erste, vorangestellte oder im Side Coaching vermittelte Hinweise zu möglichen Verbindungen zwischen einer Methode und z. B. einem Lernziel sein. Diese Verbindungen gehen teils über Methoden der Verfremdung hinaus, wie etwa die Imagination einer bestimmten Gruppe an Lernenden an einem bestimmten Ort und Zeit etwas zu tun. Eine Assoziationsmethode kann mit Fachvokabeln umgesetzt werden oder sich bewusst auf einen engeren thematischen Rahmen fokussieren. Vorgaben können Hinweise auf einen Gegenstand, einem Thema sein, das in einer Methode genutzt werden, im Mittelpunkt stehen soll. Weiters Vorgaben zu Zeit und Setting wie:

  • einem thematischen Raum (z. B. Sozialarbeit, ‚gute‘ Kommunikation, Vokabel, ein Bereich der Mathematik …)
  • einer bestimmten Zeit (z. B. Tages- oder Jahreszeit, Mittelalter, der morgige Tag …)
  • an einem Ort (z. B. Küche, Mond, eine Stadt …)
  • einem Setting (z. B. eine Versuchsanordnung, eine Party / ein Empfang, eine Präsentation …)

Vorgaben können auch aus den entstandenen Wörtern einer beliebigen Assoziationsmethode entstehen: Daraus werden eins bis 10 herausgegriffen und daraus eine Überschrift, eine Schlagzeile oder auch ein Titel formuliert wie er z. B. in einer wissenschaftlichen Publikation eingesetzt werden würde.

Wobei es wichtig ist Spielende darauf hinzuweisen, dass sie diese Einladungen und Inspirationen möglichst nahtlos integrieren lassen sollen, ohne den Sprech-, Bewegungs- bzw. Spielfluss zu unterbrechen (vgl. Johnstone, 2011).

 

Literatur:

Scott, J. (2014). Improvisation in the Theatre: An Intersection Between History, Practice, and Chaos Theory. Texas Tech University, Lubbock. Abgerufen 21. 9. 18 https://repositories.tdl.org/ttu-ir/handle/2346/58714?locale-attribute=de

Scruggs, M., & McKnight, K. S. (2008). The Second City Guide to Improvisation in the Classroom: Using Improvisation to Teach Skills and Boost Learning. San Francisco: John Wiley & Sons Inc.

Yamamoto R. H. (2015). Serious Fun: The Perceived Influences of Improvisational Acting on Community College Students. Dissertation, Walden University.

Was sind „Improvisationsregeln“ und welche gibt es?

Für verschiedene Varianten von Improvisationstheater sowie für Improvisationsmethoden insgesamt wurden ausgehend von den 1940er Jahren Regeln entwickelt bzw. laufend ergänzt. Sie liefern zum einen hilfreiche Hinweise für die Förderung von Kooperation und Dialogbereitschaft in Lernsettings. Die Vorinformation zu den „Regeln“ schafft einen Rahmen, innerhalb dessen Lernende das Potential der Improvisationsmethoden auf intensive Weise nutzen können. Sie tragen so auch zu einer Etablierung einer sicheren Zone zu. Beispiele für diese Regeln:

  • „Du kannst nichts falsch machen!“: Eine Variante davon ist „es gibt kein ‚Richtig‘ und kein ‚Falsch‘“, diese Regel soll dazu beitragen, dass Teilnehmende eigene Beiträge als wertvoll wahrnehmen und einbringen, auch mit der Überzeugung, dass diese auf jeden Fall einen Beitrag zu einem Prozess, zur Entstehung von Ideen oder zur Entwicklung von Handlungsoptionen leisten.
  • „Umarme Deine erste Idee“ / „Oft ist die erste Idee, die Du hast, die ‚Richtige‘, vertraue Dich ihr an!“: Zwei Ergänzungen dazu können sein „Fange mit dem Naheliegenden an“ und „Du darfst auch durchschnittlich sein“. Unterstützt wird so die selbst- und fremdwertschätzende Wahrnehmung erster, vielleicht intuitiver Impulse, was dazu beiträgt diese zu zeigen und einzubringen. Zudem fördert diese Regel die Nutzung von implizitem Wissen.
  • „Handle jetzt – zögere nicht!“: Dies ist eine weitere Ergänzung zu den zwei vorher genannten Regeln, wobei es dabei ebenso darum geht, Handlungsimpulse und Beiträge anderer achtsam wahrzunehmen und diese als Ausgangspunkt für unmittelbares oder paralleles eigenes Handeln und Einbringen von Ideen zu nutzen.
  • „Lass Deinen Partner / Deine Partnerin beim Tun, bei ihren Vorhaben gut aussehen – unterstützt einander!“: Das für Improvisationsmethoden essenzielle Prinzip der Kollaboration.
  • „Lass Dich ein… auf die Methoden / die anderen Anwesenden / das Geschehen im Hier und Jetzt gemeinsam mit anderen!“: Wieder wird die gegenseitige Achtsamkeit angesprochen, und diese Regel unterstützt die partizipative Grundausrichtung von Improvisationsmethoden.

„Ja, genau! Und…“: Teilnehmende werden motiviert, die Ideen und Impulse andere als Ausgangspunkte zu nutzen, als Repertoire im Sinn von Bricolage.

 

Literatur:

Berk, R. A. & Trieber, R. H. (2009). Whose classroom is it anyway? Improvisation as a Teaching Tool. Journal on Excellence in College Teaching, 20(3), S. 29 – 60.

Bermant, G. (2013). Working with(out) a net: improvisational theater and enhanced well-being. Frontiers in Psychology, 4.

Jackson, P. Z. (1995). Improvisation in training: freedom within corporate structures. Journal of European Industrial Training, 19(4), S. 25–28.

LaPolice, P. A. (2012). The impact of improvisation training on teachers’ sense of self efficacy. Masterthesis: Humboldt State University, Arcata. Abgerufen 30. 9. 18 https://www.academia.edu/8091273/THE_IMPACT_OF_IMPROVISATION_TRAINING_ON_TEACHERS_SENSE_OF_SELF_EFFICACY

Madson, P. R. (2009). Unverhofft kommt oft! Entdecken Sie Ihr Improvisationstalent: 13 geniale Alltagsstrategien. Kirchzarten bei Freiburg: VAK.

Tabaee, F. (2013). Effects of improvisation techniques in leadership development. Dissertation. Malibu: Pepperdine University.

Tint, B. & Froerer A. (2015). Delphi Study Summary. Applied Improvisation Network. Abgerufen 19. 6. 17 http://appliedimprovisation.network/wp-content/uploads/2015/11/Delphi-Study-Summary.pdf

Yamamoto R. H. (2015). Serious Fun: The Perceived Influences of Improvisational Acting on Community College Students. Dissertation, Walden University.

Warum ist Sidecoaching wichtig?

Spolin (1986) und Johnstone (2011) verwenden „Sidecoaching“ als Hinweis, dass bei Improvisationsmethoden im speziellen und theatralen Vorgangsweisen im Allgemeinen nicht nur eine gute Erklärung vor jeder Methode wichtig ist, sondern auch während deren Umsetzung. Dieses Side Coaching erinnert Teilnehmende zunächst immer wieder an die Improvisationsregeln.

Weiters werden so im Tun Vorgaben eingebracht – etwa Hinweise, wie sich die Rahmenbedingungen eines imaginären Orts verändern, oder die Art und Weise, wie Teilnehmende dort miteinander in Interaktion treten sollen, etwa in Hinblick auf Sprache und Dialekt, Geschwindigkeit, Status …

Side Coaching leistet dadurch ebenso einen Beitrag dazu, dass sich Teilnehmende sicher fühlen und bisherige Denkmuster hinter sich lassen können, also ebenso ein Beitrag zu einer sicheren Zone.

 

Literatur:

Johnstone, K. (2011). Theaterspiele: Spontaneität, Improvisation und Theatersport. Berlin: Alexander Verlag.

Sawyer, K. R. (Hg.). (2011). Structure and Improvisation in Creative Teaching. Cambridge, New York: Cambridge University Press.

Sorenson, N. (2014). Improvisation and teacher expertise: a comparative case study. Dissertation. Bath Spa University. Abgerufen von https://www.academia.edu/8108520/Improvisation_and_teacher_expertise_a_comparative_case_study._PhD_final_version

Spolin, V. (1986). Theater Games for the Classroom: A Teacher’s Handbook. Evanston: Northwestern University Press.